Architektur und Planungsgeschichte

Zum Internationalen Realisierungswettbewerb 2008, den Vorprojekten seit 1991 sowie den eigenen Planungen seitens des Fördervereins. ///

Am 21. Dezember 2007 hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) den internationalen Realisierungswettbewerb „Wiedererrichtung des Berliner Schlosses. Bau des Humboldt-Forums im Schlossareal Berlin“ ausgelobt. Bereits am 13.11.2003 hatte der Bundestag beschlossen, die Geldmittel für das Planungsverfahren zur Verfügung zu stellen. Doch erst nachdem am 4.7.2007 die Bundesregierung ein konkretes Konzept zur „Wiedererrichtung des Berliner Stadtschloss“ beschlossen hatte und die Finanzierung in ihren Grundzügen geklärt war, wurde das Wettbewerbsverfahren begonnen.

Für eine Investitionssumme von 480 Mio. Euro ist eine Nutzfläche von 40.000 qm vorgesehen. Ungewöhnlich für einen Architekturwettbewerb ist, dass durch die Festschreibung der Rekonstruktion der Barockfassaden die äußere Erscheinung des Bauwerkes weitgehend vorgeschrieben ist. Mit einer Honorarsumme von insgesamt 900.000 Euro ist der Wettbewerb weltweit einer der best dotierten Architekturwettbewerbe der letzten Jahrzehnte.

Gleichwohl haben sich anstatt der erwarteten 1000 Architekturbüros nur 156 beworben, von denen nur 128 die formalen Anforderungen erfüllten. Der Auslober verzichtete daher auf die eigentlich vorgesehene qualitative Vorauswahl und ließ alle 128 Büros zu. Von diesen haben 43 Büros die Teilnahme inzwischen abgesagt, lediglich 85 Entwürfe wurden in der ersten Wettbewerbsphase eingereicht. Von diesen wählte die Jury unter Vorsitz von Vittorio Magnago Lampugnani Mitte Juni 2008 30 für die weitere Bearbeitung aus.

Die stimmberechtigten Fachpreisrichter der Jury waren und sind David Chipperfield, London/Berlin; Giorgio Grassi, Mailand; Petra Kahlfeldt, Berlin; Peter Kulka, Köln/Dresden; Vittorio Magnago Lampugnani, Zürich /Mailand; HG Merz, Stuttgart/Berlin; Gesine Weinmiller, Berlin
und Peter Zlonicky, München. Chipperfield äußerte sich Ende 2007 in einem Interview mit dem Magazin Der Spiegel (siehe Heft 52/2007, S. 146ff.) kritisch über die Vorgaben des Wettbewerbs: „Leider hat sich der Bundestag längst festgelegt auf die Rekonstruktion. Die haben sehr genau definiert, was passieren soll. Das ist das eigentliche Ärgernis. Mich stört, dass da quasi ein biblisches Gebot erlassen wurde, dass alle weiteren Diskussionen abwürgen soll. Normalerweise hat eine Architekturjury in Deutschland bei einem Wettbewerb eine gewisse Autonomie, sie darf sogar ihre eigenen Regeln noch einmal in Frage stellen. (…) Mir wäre es am liebsten, ein Architekt würde eine aktuelle Interpretation der alten Schönheit anstreben. Ein moderner Bau in alten Proportionen wäre phantastisch.“ Darauf hin hat ihm der Berliner CDU-Politiker Michael Braun ergebnislos nahegelegt, als Jurymitglied zurückzutreten. In der ersten, eher politisch als fachlich geprägten Jurysitzung hatte Chipperfield wenig Gewicht. Größer als üblich war der Einfluss der Sachpreisrichter, zu denen die Politiker Wolfgang Thierse, Bernd Neumann, Renate Blank und André Schmitz gehörten, die zu den orthodoxe Vertreter einer exakten 1:1-Rekonstruktion gehören.

Die Vorgeschichte der Wiederaufbauplanung begann 1991-1993 mit ersten Rekonstruktionsstudien von Frank Augustin/ Goerd Peschken; Arbeitsgemeinschaft Arzt, Graffunder, Gericke; Wolf R. Eisentraut, Hans Kollhoff und Bolles&Wilson, denen allerdings noch kein Nutzungskonzept zu Grunde lag. Auf Basis eines von Bundesregierung und Berliner Senat im Mai 1996 beschlossenen, vorwiegend privatwirtschaftlich geprägtem Nutzungskonzept wurde ein Interessensbekundungsverfahren für private Investoren ausgelobt. Von den 14 eingereichten Entwürfen galten nur sieben überhaupt als beurteilbar, keiner jedoch bot eine verfolgenswerte Lösung, so dass das Verfahren ergebnislos abgebrochen wurde. Weitere architektonische Studien – allerdings wiederum ohne Nutzungskonzept – für verschiedene Formen der (Teil-)Rekonstruktion wurden u.a. von Axel Schultes, Gerkan Marg und Partner und Joost Meuwissen vorgelegt. Zur Überprüfung des von der Expertenkommission vorgeschlagenen Nutzungskonzeptes beauftragte der Bund 2001/ 2002den Architekten Marc Jordi, Berlin, ab 2004 das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung sowie im Rahmen der immobilienwirtschaftlichen Machbarkeitsstudie 2005 das Büro Hemprich & Tophoff Architekten, Berlin mit mehreren Volumenstudien.

Parallel zu den Planungen des Bauherren und ohne Absprache mit diesem beauftragte der Förderverein Berliner Schloss e.V. das Büro seines langjähriges Vorstandmitglied Ruppert von Stuhlemmer für eine Honorarsumme von über 5 Mio. Euro mit der Fassadenrekonstruktionsplanung. Stuhlemmer verdankt sich diesen Auftrag nicht zu letzt selbst, da er dem Vorstand vorsaß, der seine Beauftragung beschloss.Inzwischen hat das Büro hierfür bereits ca. 2,5 Mio. Euro erhalten, die aus gemeinnützigen Spenden finanziert werden (und damit zu einem gewichtigen Teil aus Steuermindereinnahmen). In der Öffentlichkeit präsentieren sich Ruppert und York Stuhlemmer als die Architekten, welche die Fassade realisieren werden, obwohl der Bund als Bauherr klar gestellt hat: „Planungen des Büros Stuhlemmer sind keine verbindliche Grundlage für die Bausausführung des Projektes“. Und: „Mit der Planung des Schlosses/ Humboldt-Forums einschließlich der historischen Fassaden wird ein Preisträger des Realisierungswettbewerbs beauftragt.“ po

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