Humboldt-Forum der Wege und eine semipermeable Fassade?

Bericht von dem ersten Veranstaltung  ‘Was erwartet die Welt vom Humboldt-Forum’ der Stiftung Zukunft Berlin mit dem japanischen Ryosuke Ohashi sowie Sasha Waltz und Jochen Sandig.///

Das Humboldt-Forum benötigt nach Auffassung des japanischen Philosophen Ryosuke Ohashi kein „besonderes Gebäude“, aber durchlässige Räume mit vielfältigen Wegen räumlicher, zeitlicher und gedanklicher Natur – „Gedankengänge“, um „den Geist in Bewegung zu bringen“ (Jochen Sandig) – für in sich widersprüchliche Konzeptionen. Räume großer Offenheit sollen intimeren Räumen gegenüberstehen, die Vertiefung, Konzentration, Besinnung fördern – ohne allerdings, so Peter-Klaus Schuster warnend, „die falsche Ruhe“ der Dahlemer Sammlungen.

In einem „Humboldt-Forum der Wege“ sollen alle Formen der künstlerischen Äußerung gleichberechtigte Ausgangspositionen erhalten. Die Ausstellungen sollen lebendig, nicht-museal und transportabel sein, um bei Bedarf schnell die gewünschte räumliche Offenheit herstellen zu können. Alles soll durchlässig und „provisorisch“ sein.

Angesichts dieser Thesen, die Prof. Ohashi als Erwartung an das Humboldt-Forum formulierte, und die der frühere Senator Volker Hassemer politisch versiert flugs in griffigen Forderungen zusammenfasste, hätte einen leicht eine gewisse Wehmut befallen können: Wehmut über die vertane Chance einer offeneren, innovativeren Wettbewerbsausschreibung. Wehmut über die vertane Chance einer kreativen Nutzung des ehemaligen Palasts der Republik. Beides, gar beides zusammen, hätte den Wettbewerb mit Sicherheit viel attraktiver gemacht und zu mehr als den kläglichen 85 Einreichungen im derzeit laufenden Architektenwettbewerb geführt.

Zumindest auf dem Podium herrschte aber geradezu unerschütterlicher Optimismus. Zwar scheint man sich damit abgefunden zu haben, dass „Herr von Boddien seine Schlossfassaden bekommt“ (Peter-Klaus Schuster), aber vielleicht werden diese ja „semipermeabel“ ausgeführt (Jochen Sandig)?

Denn ob sich die Offenheit des mehrfach zitierten Centre Pompidou, die in verschiedenen Formulierungen von allen Diskussionsteilnehmern immer wieder vehement postuliert wurde, hinter den Schlossfassaden einstellen wird, erscheint mehr als fraglich. Zumal die Offenheit der Wettbewerbsausschreibung darin gipfelt, die „Wiedererrichtung einer Kuppel – und nicht zwingend der historischen“ – zu fordern…

Offen blieb hingegen, worin sich ein solches Konzept qualitativ von dem bereits bestehenden Haus der Kulturen der Welt unterscheiden soll? Ob die Staatlichen Museen zu Berlin bereit sein werden, zugunsten anderer, insbesondere performativer Kunstformen Platz zu machen, ihre Ausstellung im Umfang zu reduzieren, offener und temporärer zu gestalten? Und ob und wie diese Anregungen, die dem Auslobungstext des gerade zu Ende gehenden Architektenwettbewerbs geradezu widersprechen, noch in den Gestaltungsprozess einfließen können?

Hierzu verwies Volker Hassemer auf den Reichstag, wo ja schließlich auch zu 90% etwas anderes gebaut worden sei, als im Wettbewerb vorgeschlagen…

J.Jenatsch, Architekt

 

 

 

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