Archiv für Dezember 2024

Urteil gegen Antisemitismusleugnung

Das Berliner Kammergericht hat am 19.12.2024 zwei Urteile (10 U 63/24 und 10 U 132/22) gegen den Vorsitzenden des Fördervereins Berliner Schloss Prof. Dr. Richard Schröder erlassen. Schröder hatte fälschlicher Weise behauptet, der Antisemitismus des Großspenders des Vereins Ehrhardt Bödecker wäre von Schlosskritiker Philipp Oswalt durch die Verfälschung von Zitaten konstruiert und erfunden worden. Das Gericht aber hat gestern nochmals klar gestellt, dass Oswalt Bödecker nicht falsch zitiert hat. Nicht Oswalt hat die Aussagen von Bödeckers falsch dargestellt hat, sondern Schröder die angeblich falschen Aussagen Oswalts. Die Vorwürfe Oswalt bzgl. des Antisemitismus des Großspenders berufen nicht auf falschen Tatsachenbehauptung, hingegen aber die Leugnung des Antisemitismus durch Richard Schröder.

Mit dem Urteil hat das Kammergericht die früheren Urteile des Landgerichts Berlin bestätigt. Der Anwalt von Schröder hat angekündigt, gegen das Urteil im Hauptsachverfahren beim Bundesgerichtshof Revision einzulegen. Der Verein hat für den Rechtsstreit schon deutlich über 50.000 € ausgegeben, die er aus Spenden für Rekonstruktionsmaßnahmen finanziert. Der Gerichtstermin fand gestern im überfüllten Gerichtssaal unter große Anteilnahme der Öffentlichkeit statt. 

Der Förderverein hat sich bis heute nicht von seinem Großspender Ehrhardt Bödecker und seinen antisemitischen und rechtsradikalen Positionen distanziert, sondern sich zu diesem sowie zu seinen anderen rechtsradikalen und rechtsextremen Spendern ohne Einschränkung bekannt. Die Stiftung Humboldt Forum hat dies hingenommen und kooperiert bis heute mit dem Förderverein.

Gerichtsprozesse über Antisemitismusleugnung bei Schlossspendern

Wer Interesse an der Frage hat, wie antisemitische und rechtslastige Positionen in die gesellschaftliche Mitte eingedrungen sind, und einen Sinn für skurrile Situationen hat, ist herzlich eingeladen zu zwei Gerichtsverhandlungen am Berliner Kammergericht am kommenden Donnerstag, den 19.12.2024.

Es ist eigentlich schon drei Jahre her, dass ich im Tagesspiegel unter anderem offenlegte, dass der Großspender der Schlossfassaden Ehrhardt Bödecker antisemitische Positionen vertrat und auch in rechtsextremen Kreisen auftrat und publizierte. Die Ehrenplakette im Eosanderportal des Humboldt Forums wurde auf Bitten der Familie bald darauf entfernt, und ein wissenschaftliches Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte hat die Genese und Logik von Bödeckers teilweise antisemitischem und antidemokratischem Gedankengut detailliert analysiert. Warum dann jetzt noch ein Prozess?

Der Vorsitzende des Fördervereins Richard Schröder hatte ein halbes Jahr nach der Offenlegung behauptet, ich hätte den Antisemitismus von Bödecker erst durch Verfälschung eines Zitats erfunden, hätte ihm diesen durch frei erfundene Zufügungen überhaupt erst untergeschoben. In rechtsextremen Kreisen ernte er dafür viel Lob, das Landgericht Berlin untersagte ihm aber auf meinen Antrag diese wahrheitswidrige Unterstellung per einstweiliger Verfügung (Urteil vom 6. Juli 2022, Urteil 27 O 214/22).

Diese Schmach wollte der Verein nicht auf sich sitzen lassen und scheut keine Mühe, dagegen vorzugehen. So hat er Berufung gegen das Urteil eingelegt und versucht in jeder erdenklichen Weise, die Kosten des Verfahrens in die Höhe zu treiben. Er selber hat allein schon im Jahr 2022 45.000 € für den Rechtsstreit ausgegeben, die er aus seinen Spendengeldern finanziert, während ich für die Kosten privat aufkommen muss. Der Förderverein hat mich ohne Not zu einem zweiten Verfahren, der Hautklage, gezwungen, fordert von Gericht eine Erhöhung des Streitwerts, und hat angekündigt, mit dem Verfahren auch in die dritte Instanz vor den Bundesgerichtshof zu gehen. Er will offenkundig mich im Sinne eines „SLAPP“-Strategie (strategic lawsuit against public participation) einschüchtern.

Doch nicht nur das. Er bringt in dieser Auseinandersetzung eine Reihe weiterer problematischer Äußerungen vor, die zwar nicht justiziabel sind, aber ein ausgesprochen fragwürdiges Licht auf ihn werfen. Richard Schröder hatte in seinem Text, in dem er mich fälschlicherweise des Mogelns beim Zitieren bezichtigte, auch das in Deutschland bestehende Verbot der Leugnung des Holocaust kritisiert, da dies eine Einschränkung der Meinungsfreiheit sei. Dabei ist der Holocaust eine empirisch nachgewiesene Tatsache, und das Verbot der Leugnung daher keine Einschränkung der Meinungsfreiheit, wie das Bundesverfassungsgericht klargestellt hat. Richard Schröder neigt auch zu Verschwörungstheorien. So ist er der Auffassung, dass ich für eine Sendung von 3-Sat Verantwortung trage und deren redaktionelle Ausgestaltung gekannt und gebilligt habe. Er meint also, dass ich als Kritiker des Fördervereins Einfluss nehme auf die Berichterstattung eines öffentlichen Senders.

Wilhelm von Boddien als Geschäftsführer des Fördervereins hat nach Bekanntwerden der Problematik sich ohne Ausnahme zu allen – und damit auch zu den antisemitischen und rechtsradikalen – Spendern des Fördervereins bekannt. Für diese „Standhaftigkeit“ erhielt auch er Zustimmung aus rechtsradikalen Kreisen. In der Vergangenheit hatte Boddien wiederholt in rechtsextremen Kreisen für Spender geworben. Dem Gründungsvorstand des Fördervereins Berliner Schloss gehörte mit Dieter Lieberwirth zudem ein langjähriger Funktionär der rechtsradikalen Partei „Die Republikaner“ an.

Diese Auseinandersetzung über die Enthüllungen zu rechtsradikalen Verbindungen des Fördervereins ist keineswegs die erste dieser Art. Der Förderverein und sein Geschäftsführer Wilhelm von Boddien haben schon früher versucht, sich mit Diffamierungen meiner Person meiner Kritik zu erwehren und greift hierbei immer wieder auf unwahre Behauptungen zurück. In mehreren Gerichtsprozessen wurden ihnen solche unwahren Äußerungen untersagt, manche von diesen mussten sie sogar öffentlich widerrufen (LG 27.O.373/08 – KG 10 U 136/08; LG 27.O.466/08 – KG 10 U 216/08; LG Berlin 27 O 431/22), mehrere Druckprodukte mussten sie aus dem Verkehr nehmen. Eine einzige Gegenklage des Fördervereins gegen meine Äußerungen blieb erfolglos, weil diese nicht zu beanstanden waren. Gleichwohl stellt sich der Verein und sein Geschäftsführer kontrafaktisch immer wieder als Opfer unlauter Kritik da, indem sie in ihren Darstellungen des Konflikts ihre rechtlichen Misserfolge konsequent verschweigen und ausblenden.

Donnerstag, den 19.12.2024

12:00 (Verfahren 10 U 132/22), 12:30 (Verfahren 10 U 63/24)

Kammergericht Berlin, Elßholzstraße 30-33, 3. Etage, Sitzungssaal 340

Philipp Oswalt gegen Förderverein Berliner Schloss/ Vorsitzender Richard Schröder

Der Förderverein wird von der Kanzlei Peter Raue vertreten, Philipp Oswalt von Jony Eisenberg. Bisher waren bei den Gerichtsterminen auch Wilhelm von Boddien und Richard Schröder persönlich anwesend.